Aktueller Stand der Corona-Impfstoffforschung
Ein Impfstoff für das SARS-2 Coronavirus würde eine akute Entspannung der weltweiten Lage in der Pandemie bedeuten. Doch wie ist der Stand der Dinge? Welche Institute und Unternehmen arbeiten gerade an Impfstoffen und wie weit sind sie dabei? Wann können wir mit ersten Ergebnissen rechnen?
Das SARS-2 Coronavirus ist erst etwa seit Neujahr bekannt und schon verzeichnet die WHO über 54 Impfstoffprojekte auf der ganzen Welt (Aufstellung vom 26.03.2020). Internationale Forschungseinrichtungen vernetzen sich dabei stark, etwa in der Coalition for Epidemic Preparedness Innovations (CEPI). Gleichzeitig kann man einen Wettlauf um das Monopol beim Verkauf des erwarteten Wirkstoffes beobachten. In der Folge wurden Impfstoffe wohl noch nie so schnell entwickelt wie jetzt.
Entwicklung auf Hochtouren
Normalerweise dauert es bis zu 20 Jahre und kostet bis zu einer Milliarde Euro einen neuen, sicheren und wirksamen Impfstoff zu entwicklen.3 Im aktuellen Fall geht es deutlich schneller, aus folgenden Gründen:
- Wissenschaftler aus der ganzen Welt arbeiten gut vernetzt zusammen und publizieren ihre Ergebnisse oft direkt in Pre-Print-Journals. Dort sind sie schon während des wissenschaftlichen Begutachtungsprozess einsehbar.
- Die finanzielle Unterstützung für internationale Forschungsprojekte ist immens. Alleine der deutsche Staat hat am 11. März 145 Millionen Euro zur Forschung zum Coronavirus bereitgestellt.
- Neue Verfahren in der Entwicklung versprechen eine schnellere Produktion der Impfdosen. Dabei vervielfältigen die Forscher Teile der Erbinformation des Virus (DNA/mRNA) und verimpfen diese.
- Impfstoff-Entwickler haben bereits Erfahrung mit Erregern aus der Familie der Coronaviren, etwa SARS-1 aus dem Jahr 2002. Die Zwischenergebnisse der damals gestarteten Projekte können sie heute verwenden.3
Phasen der Impfstoff-Entwicklung
Mit einem großflächig verfügbaren Impfstoff können wir trotzdem erst im Frühjahr bis Sommer 2021 rechnen. Das liegt daran, dass jeder Wirkstoff sechs Etappen durchlaufen muss. Erst dann ist er nachweisbar sicher und wirksam genug, damit man ihn in Deutschland verkaufen darf:
- Analyse des Virus: Die Forscher untersuchen Proben des Erregers im Labor, bis sie die Funktion und Struktur des Virus verstanden haben.
- Design des Impfstoffs: Je nach Art des Zielwirkstoffes (z. Bsp. Lebend- oder Totimpfung) machen sie den Erreger unschädlich oder verwenden einzelne Teile davon.
- Erprobung an Tieren: Anschließend testen sie, bei welchem Wirkstoff die Tiere die meisten Antikörper bilden und die wenigsten Nebenwirkungen haben.
- Erprobung an Freiwilligen: Nur wenige Wirkstoff-Kandidaten sind gut genug für den Test an Menschen. Zuerst impfen die Wissenschaftler einige hundert Patienten, dann bis zu 20.000 Personen in großen Kohorten-Studien. Dabei erkennen sie auch seltene Nebenwirkungen.1
- Zulassungsverfahren: Die Europäische Medizinbehörde (EMA) prüft die Studienergebnisse. Dann stimmen das Komitee für Humanarzneimittel und die Europäische Kommission über die Zulassung Das dauert mindestens fünf Monate.1 Erst danach darf ein Wirkstoff in Deutschland verkauft werden.
- Massenproduktion: Je nach Impfstoffart kann es Monate dauern, bis genug Impfdosen produziert sind, um die Bevölkerung zu versorgen.
Wie weit sind wir schon?
Die am weitesten fortgeschrittenen Projekte starten gerade die Erprobung an wenigen Freiwilligen: In Deutschland testen die biopharmazeutische Unternehmen CureVac und BioNTech ihre Wirkstoffe. In Australien forschen Wissenschaftler der University of Queensland. Es laufen gleich vier US-amerikanische Studien der Biotechnologie-Firmen Moderna, Inovio und Novavax, sowie der Oxford University. Zusätzlich sind zwei chinesische Projekte der Firmen Fosun Pharma und CanSinoBIO weit fortgeschritten.2 Da die Bewilligung für neue Studien gerade ungewöhnlich schnell abläuft, kommen ständig weitere Untersuchungen dazu.
Welche dieser Firmen zuerst einen Impfstoff entwickelt, der günstig und schnell zu vervielfältigen ist, bleibt abzuwarten. Einen Hoffnungsschimmer gibt es jedoch: In den größeren Kohorten-Studien der nächsten Monate können einige Risikopatienten schon vorab mit Impfstoffen behandelt werden.
Impfungen und andere inhaltlich anspruchsvolle Medizinthemen verständlich aufzubereiten, zählt seit vielen Jahren zu den Kernkompetenzen unseres Teams von Convergo. Wir informieren die breite Bevölkerung und auch Fachkreise.
(1) Josephine Mackensen (2020): Ein Impfstoff gegen Corona – warum das so lange dauert. SWR Wissen, swr.de.
(2) VFA – Die forschenden Pharmaunternehmen (2020): Impfstoffe zum Schutz vor Covid-19, der neuen Coronavirus-Infektion. vfa.de.
(3) Juliane Gutmann (2020): Coronavirus: Erster Impfstoff-Test startet in den USA – Seuchenexperte äußert brisante Prognose. merkur.de.